Jeder gegen Jeden – Hoch lebe die Ellbogengesellschaft!

Ellenbogengesellschaft

Fast nirgendwo kann man das Ende des Miteinanders und den Sieg der Ellbogengesellschaft so deutlich erleben, wie im Streit um die schönsten Wanderwege. In fast jeder Zeitung gab es inzwischen einen Artikel zum Thema Wanderer gegen Biker. Ich möchte dazu einmal etwas Grunsätzliches loswerden:

An einem Mittwochabend starte ich noch auf eine kleine Bike-Runde. Die ersten Höhenmeter zu den naheliegenden Regensburger Trails habe ich gerade hinter mich gebracht, als ich den ersten anderen Biker treffe. Er kommt mir entgegen und ich grüße freundlich, wie ich es immer tue. Aber er würdigt mich keines Blickes und fährt grußlos an mir vorbei. Genau so ergeht es mir ein paar Minuten später, als ich einen weiteren Radler treffe. Früher gab es so etwas nicht, denke ich bei mir. Jeder, dem ich im Wald begegnete, ob Radler, Wanderer oder Pilzesammler, grüßte einen, weil man sich als Naturliebhaber irgendwie verbunden fühlte. Kurze Zeit später grüße ich einen Mann bei einem bekannten Regensburger Walderholungszentrum und er verfolgt mich nur mit bösem Blick. Mir schießen wieder die unzähligen Diskussionen über Wanderer gegen Biker, über Natürschützer gegen Wanderer und gefühlt jeder gegen jeden in den Kopf. Meiner Meinung nach rutschen wir immer weiter in eine Ellbogengesellschaft ab, meines Erachtens auch weltpolitisch, aber kommentieren möchte ich hier nur mein liebstes Hobby, das Mountainbiken.

Früher war alles besser

Viel wird geschrieben, kommentiert, getwittert und geredet über das leidige Thema Wanderer gegen Biker, Biker gegen Wanderer. Hass wird geschürt, auf beiden Seiten. Ich finde das mehr als traurig. Vor etwa zwanzig Jahren, als ich mit dem Mountainbiken angefangen habe, da hatte man das Gefühl, in der Natur Teil einer Gemeinschaft zu sein. Jeder war erfreut über einen anderen Menschen, der dort seinem Hobby nachging, egal welchem, Hauptsache draußen. Irgendwie hatte man das Gefühl, dass alle offen und freundlich gegenüber den anderen waren. Aber das war einmal. Inzwischen hat man das Gefühl, dass es jedem nur noch darum geht, sein Ding durchzuziehen, komme was wolle. Dies gilt für die Wanderer aber auch genauso für die Biker. Da werden haarsträubende Argumente zusammengetragen, um die andere Seite zu diffamieren und sich selbst in ein besseres Licht zu rücken. Ich verstehe einfach nicht, warum es nur immer entweder oder gibt. Warum können nicht alle Ihrem Sport nachgehen und jeder steht dem anderen offen gegenüber? Klar war es vor einigen Jahren viel einfacher, da die Zahl der Biker viel geringer war als heute. Trotzdem. Man könnte doch einfach einmal aufeinander zugehen und Lösungen suchen statt gegeneinander zu hetzen und dazu beizutragen, dass das Verhältnis immer schlechter wird.

Erosion durch Biker?

Ein Beispiel dafür ist  ein oft gehörter Vorwurf: Biker zerstören alle Wege! JEIN! Biker zerstören nicht grundsätzlich alle Wege, so wie es uns immer wieder vorgeworfen wird, aber wir Biker müssen zugeben, dass es tatsächlich Erosionsschäden durch starke Frequentierung gibt. Es ist klar, dass ein Weg ausgefahren wird, je steiler und feuchter er ist. Und je mehr Biker dort unterwegs sind, desto schlimmer wird es. Das kann keiner leugnen. Hier könnte ich jetzt mit den Harvesterspuren dagegen halten oder das Beispiel bringen, wie Wanderer in den Alpen neue Abkürzungen zwischen Serpentinen austreten und somit auch dort die Erosion beschleunigen. Aber das ist mir jetzt zu einfach. Es geht hier einfach um die Wertung! Ist es uns ein Stück weit wert in die Natur einzugreifen, um den Freizeitsport und somit die Erholung und Gesundheit vieler Menschen zu ermöglichen? Ich finde ja!

Tipps aus Kanada

Man könnte oder müsste das Thema einfach viel besser angehen. Die Natur kann man trotz Bikern schonen! Nehmen wir das Beispiel Kanada, wo es jedes Jahr im Frühjahr öffentliche Treffen gibt, bei denen die Trails gepflegt werden. Somit kann man die Erosionschäden beseitigen, noch dazu bei einem schönen Event und trotzdem alle Trails das ganze Jahr nutzen, ohne dass die Natur immer weiter geschädigt wird. Eine weitere Idee: man gibt in gut organisierten Mountainbikevereinen (gibt es leider auch noch nicht genug) Kurse, wie man schonend mit Wegen umgeht. Beispielsweise nicht ständig das Hinterrad blockieren lassen und auch mal einen Weg meiden wenn es extrem matschig ist. So könnte man doch alle zufrieden stellen, oder?

Dialog statt Kleinkriege

Aber hierzu muss man aufeinander zugehen und nicht einfach immer jeder gegen jeden kämpfen! Zugegeben, ich schreibe hier von der Mountainbike Seite aus, weswegen ich nicht wirklich neutral sein kann, aber das Thema liegt mir einfach am Herzen. Ganz im Speziellen kann ich die Gruppe der Wanderer einfach nicht verstehen, die immer wieder versuchen, Mountainbiker von allen möglichen Wegen fernzuhalten, indem argumentiert wird, dass es schließlich Wander- und eben nicht Mountainbikewege sind. Aber die Gesetzeslage schließt zumindest in Bayern keine Biker von irgendwelchen Wegen aus.

Vor allem aber möchte ich einmal allen Wanderern mitgeben, wie es noch Mitte des 19 Jhd. war. Damals galten Wanderer und Bergsteiger als völlig verrückt, weil diese Beschäftigung als Freizeitaktivität neu war und normalerweise nur gewandert wurde, wenn man eben von A nach B kommen musste. Erst etwa Mitte des 19. Jahrhunderts haben sich dann Wanderer in Vereinen zusammengeschlossen und Wanderwege gebaut! Es ist also die selbe Situation mit Bikern, die damals schon die Wanderfreunde durchmachen mussten. Mit Sicherheit mussten die sich Ähnliches anhören. Aber wieso kann man eigentlich aus sowas nicht lernen? Das bleibt mir unbegreiflich!

Was also in der Welt schon nicht funktioniert, könnte man doch zumindest im Kleinen versuchen, oder? Miteinander statt Gegeneinander.