Deepest Day Ever

Es ist Morgen, früh am Morgen. Langsam quälen sich die Lichter der beiden Autoscheinwerfer einsam die Straße entlang. Die Luft ist frühlingshaft mild, zumindest für die Uhrzeit. Pünktlich auf die Minute, denke ich noch, der Tag könnte gut werden.

Fünf Tage vorher: Nachmittags so gegen 1 kommt das nächste Update, eine gute Gelegenheit während der Arbeitszeit, also der Mittagspause *Hüstel*, sich nach dem Stand der Dinge zu erkundigen.  Ein Sturmtief soll heraufziehen, mit dem Schwerpunkt der Niederschläge am Alpenhauptkamm. Die Vorhersage sieht aus als säße Pablo Escobar in brusthohen, frisch gelieferten kolumbianischen Stoff.

Allerdings, 5 Tage vorher kann noch viel passieren. Trotzdem, Grund genug die Entwicklung weiter intensiv zu verfolgen, Anfang April bieten sich nicht mehr die übermässigen Gelegenheiten. Wobei, man erinnere sich an das Jahr vorher, selber Ort, selbe Vorhersage. Zum Rückblick darauf mag man sich folgendes Video gönnen, wobei die Musik abgeschalten ist).

Aber zurück zur Vorhersage:

Drei Tage vorher: Nachmittags wieder gegen 1 Uhr, auch dann das nun sechste Update der Vorhersage seit nunmehr 3 Tagen bestätigt den Forecast. Zwei Tage Schneefall, die zum morgen des dritten Tages abklingen und in einen stahlblauen Sonnentag übergehen sollen. Bedingungen, wie man sie diesen Winter nur zu selten hatte. Zeit die Gang zu aktivieren, Zeit den Urlaubsantrag einzureichen. Zusätzlich zu Bergfex wird nun auch Snow-forecast zur Planung herangezogen

Am Vortag:  Die Planung steht und die Gang hat sich auch zusammengerottet. Naja, Biedi und ich halt. Auch Lawine.at wird nun berücksichtigt, auf deren Seite man stündlich die Neuschneemenge am Tuxer Joch beobachten kann. Der Stand jetzt sind 60 cm neu bei anhaltendem Schneefall.

T-30 Minuten 4:15 Uhr, der Wecker klingelt. Er musste es nicht, denn seit knapp 30 Minuten stehe ich wach im Bett. Zu tun gibt es nicht mehr viel. Kleines Frühstück, großer Kaffee, Rucksack und Skier gepackt, und raus aus dem Haus. Dort, pünktlich um 10 vor 5, bleiben Biedis Scheinwerfer vor mir stehen. Die Fahrt verläuft wenig spektakulär. In der Dunkelheit die leere A93 bis Holledau, auf der A9 und über die A99 vorbei an München, als die Dämmerung langsam einsetzt.IMG_1570

Auch der Irschenberg stellt heute kein Hindernis dar, gefolgt von unserem obligatorischem Stop in Kiefersfelden. Mehr Kaffee, Semmel und Pickerl, und weiter geht es. Ein letzter Blick in das Wordlwideweb räumt auch die letzten Zweifel am bevorstehenden Abenteuer aus. Bis zu 110 cm Neuschnee in den letzten 24 Stunden sagt der Ticker, gefallen bei eisigen -20 Grad. Champagne Powder würde der Kenner sagen.

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Die Fahrt geht weiter, aber erst nach dem Tunnel ins Zillertal steigt langsam die Anspannung. An den grünen Wiesen im Tal kann es  nicht liegen, aber die weißen Gipfel strahlen verlockend von oben herab. Kaltenbach und Mayrhofen sind schnell passiert und  immer höher schraubt sich die  Straße und immer winterlicher wird das Panorama.

Endlich taucht das tief verschneite Skigebiet vor unseren Augen auf. Kein Hang ist verspurt und der Pulver ist zum greifen nah. Das Prickeln in den Zehen wird langsam unerträglich. Nun ist es 10 nach 8 und wir stehen am Vorplatz zum Gondeleinstieg. Man würde erwarten, dass bei den kommende Aussichten die Hölle los sein müsst, Hunderte von Verrückten, die sich mit Surfbrettern für jeden Fuß um den Einstieg in die erste Gondel prügeln

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Stattdessen, traben 2 Leute im Skianzug gemütlich über den Platz und drei weitere stehen an der Schranke zum Gondeleinstieg. Wir müssen also mit die zweiten Gondel vorlieb nehmen. Was nun passiert ist das kleine Einmal eins zur Erschließung des Hintertuxer Skigebietes. Gletscherbus 1, Gletscherbus 2, Gletscherbus 3 – Abfahrt durch die Gefrorene Wand Ostseite – Gletscherbus 3 und Abfahrt Gefroren Wand Westseite.

In der Regel reicht dies für einen gelungenen Tag. Für all diejenigen, für die gelungen nicht gut genug ist, folgen noch ein paar weitere Varianten mit den dazugehörigen Impressionen.

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Am Olperer Schlepplift hinter dem Betterpark findet traditionell auf einem kleinen Hang die obligatorische Fotosession statt.

 

Die Runs unter dem alten Lärmstange 2-er Sessellift sind weitläufig mit vielen Geländefeatures. Der 11b Hang direkt an der Felsnase bietet ebenfalls immer eine freie Spur.

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Aus dem  Gletscherbus 3 hinaus und gleich links hinter den Verbauungen bis hinunter zum Schlageis 3-er Lift ist auch alles frei und pulverig. Durch die gefrorene Wand nach rechts ins freie Gelände auf einen Ziacher wieder zurück auf die 2er Abfahrt und zum Sommerberg Sessel. Hier unbedingt nicht als erstes einfahren, da der Zieher bei Neuschnee etwas beschwerlich ist. Im übrigen müsste es es hier dem Sommerwanderwege folgend auch bis zur Talstation gehen, was wir aber noch nicht getestet haben.

Ein Highlight zum Abschluss des Tages ist noch der Weg über die Schwarze Pfanne, wobei man nach der Querung einfach geradeaus auf den bewaldeten Hang zu fährt, wo der Schnee auch noch nach Tagen pulverig ist. Unten am Bach bei der kleinen Brücke queren und sich den Aufstieg sparen indem man dem Wanderweg bis zurück zur Piste zur Talstation folgt.

Ein super Tag mit knapp 10‘000 Freeride Tiefenmeter geht mit einer langen Heimfahrt zu Ende. Schee wars! Unsere Empfehlung für spätwinterliche Abenteuer ist definitiv Hintertux. Champagne Power, viele Varianten vom Lift aus und Hänge mit geringer Lawinengefahr machen die lange Fahrt Jahr für Jahr zu einem unvergleichlichen Erlebnis. So ride on guys and always keep in mind: Life is too short not to go big!

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