Austria Rush – Crush your enemy

The biggest enemy you have to deal with in life is yourself. There`s an old African proverb that says: If there`s no enemy within, the enemy outside can do us no harm.

Dieses Zitat könnte das Mantra des Austria Rush sein. Der Austria Rush ist eine Reise, eine Herausforderung und ein Abenteuer, das mit dem Rennrad, auf Tourenski und Steigeisen innerhalb von vier Tagen vom Rathausplatz in Wien auf den Gipfel des Großglockners führt. Eine Reise auf der man seinen eigenen Dämonen begegnet und entscheiden muss, ob man sich ihnen stellt, oder den „easy way out“ nimmt. Warum ich den Tränen nahe war und der Glockner alles andere als ein Touristenberg ist, erfährst du hier.

The hard way
Die Zahlen des Austria Rush sprechen für sich. Von 1. bis 4. April werden mit dem Rennrad 460 km und 7000 Höhenmeter zurückgelegt, bis man am Fuß des Großglockners ankommt und ab da mit Tourenski und Steigeisen 20 km und 1900 Höhenmeter bis zum Gipfel bewerkstelligen muss. Dass diese Herausforderung auch für ambitionierte Sportler kein Zuckerschlecken ist, versteht sich von selbst. Für mich war es jedenfalls, vor allem in Hinblick auf den Gipfelsturm des Großglockners, eine der größten Herausforderungen meines Lebens.

Tag 1 Das Windmassaker   Wien – Bruck an der Mur
Von Wien ging es im Zuge des Argus Bikefestivals nach einer Ringrunde zum Aufwärmen zur ersten Jausenstation auf dem Semmering. Obwohl es bis dorthin verhältnismäßig flach zuging, eröffnete der Austria Rush gleich mit einer Schlacht gegen den heftigen Wind. Von dort ging es nochmal rund 80 km weiter bis nach Bruck an der Mur, dem ersten Etappenziel, bei dem sich die Gruppe am Abend kennenlernen durfte und man einen Eindruck gewinnen konnte, warum „die anderen“ hier teilnahmen bzw. sich so etwas antun. Die Gründe: Die eigenen Grenzen auszuloten, sich so richtig gut zu spüren, sich selbst besser kennenzulernen oder einfach mal wieder eine richtige Challenge anzunehmen. In meinem Fall war es hauptsächlich Unwissenheit vor dem, was mir bevorsteht, die Lust auf ein Abenteuer und die Angewohnheit, schwer nein zu sagen – doch dazu später mehr.

Tag 2  200 km long run   Bruck an der Mur – Sachsenburg
Von Bruck an der Mur ging es am Redbull Ring in Spielberg vorbei in Richtung Kärnten. Die Strapazen gegen den Wind vom ersten Tag hinterließen bereits ihre ersten Spuren. Die Aprilsonne stellte vor allem unter Beweis, dass man sich als Mondsonner bereits einschmieren sollte. Die Konsequenz: Der Rest des Austria Rush wurde von mir bei strahlendem Sonnenschein langärmelig absolviert. Die Kilometerfresserei war natürlich hart und äußerst anstrengend, aber ich muss gestehen, dass ich mich nach dem Aufstieg auf den Großglocknergipfel kaum mehr an Schmerzen auf dem Rad erinnern kann. Eines ist sicher: Die vielen Radkilometer tun weh, vor allem, wenn man über den Katschberg radeln muss. Durchgehend 15 Prozent Steigung sorgten beim einen oder anderen (vor allem bei mir) für spontane Tourette- und Asthmaanfälle. Nachdem wir jedoch in gewohnter Kärntner Gastfreundschaft am Etappenziel mit Schnaps und Bier empfangen wurden, waren auch diese Strapazen schnell wieder „vergessen“. Die Wirkung dieser Prozente entfaltete sich nach einem Tag am Rad besonders gut! 😉

Tag 3  Falsche Erwartungen   Sachsenburg 557m – Großglockner Stüdlhütte 2801m
Von Sachsenburg führte es uns zu den imposanten Lienzer Dolomotinen, wo wir einen Zwischenstopp in der Casa von Benni Karl einlegten. Pikantes Detail am Rande: Neben dem Extremradfahrer Michael Strasser waren auch zwei Olympiateilnehmer, darunter das Snowboardass, mit von der Partie. Ich war vor allem erstaunt, in welch kurzer Zeit man Lienz mit dem Rad erreichen kann. Nach einem kurzen Genussstopp und der Einkehr in einer Konditorei am Lienzer Hauptplatz kamen wir dem Ziel immer näher. Viele km waren es nicht mehr, aber die Höhenmeter der Hochalpenstraße auf den Glockner hatten es in sich. Geradelt wurde soweit es ging. Beim Lucknerhaus tauschten wir dann die Bikes gegen die Ausrüstung für den Berg. Voller Euphorie und mit der vermeintlichen Hütte in Sicht stapften wir zur Schneegrenze und gingen ab da auf den Tourenskiern weiter. Dafür, dass ich das erste Mal die Tourenski anhatte, ging es unerwartet gut – aber doch ziemlich langsam voran. Ein bisschen schwieriger wurde es mental jedoch, als ich herausfand, dass die Hütte, die ich gesehen hatte, gar nicht die Hütte war, auf der wir übernachten wollten und gerade mal das erste Drittel hinter uns gebracht hatten. Die Höhenmeterfresserei wurde auf 2800 m auf der Stüdlhütte mit einem atemberaubenden Sonnenuntergang belohnt. Unerwartet war vor allem das kulinarisch außergewöhnliche, aber dringend notwendige „große Fressen“.
Beim Teammeeting lernten wir unsere Bergführer kennen. Auf deren Frage, ob ich denn bereits meine Harscheisen montiert hatte, musste ich die Gegenfrage stellen, was denn das überhaupt sei. Allgemein konnte ich auf jede Frage nur mit „nein“ oder „keine Ahnung, was das ist“ antworten, was zur Unterhaltung meiner Mitstreiter beitrug. Galgenhumor stand auf dem Programm.

Tag 4  Blut, Schweiß und Adrenalin   Stüdlhütte 2801m – Gipfelsturm 3798m
Tagwache um 5:30. Aufbruch um 6:30. Doch bevor es losging, wurden wir noch erinnert, die „Thermoskannen“ mit Tee aufzufüllen. Ich weiß gar nicht warum, aber Benni Karl erlitt einen spontanen Lachflash, als er mich dabei beobachtete, wie ich den Tee in meine zerknitterte Vöslauer Plastikflasche einfüllte. Irgendwie wurde das Gefühl, dass ich keine Ahnung hatte, worauf ich mich da am Berg einließ, immer stärker. Wird schon irgendwie gehen, dachte ich mir.

Das Wetter hatte umgeschlagen und die Bedingungen waren grenzwertig. Die Bergführer zeigten sich nicht besonders optimistisch, dass wir es an diesem Tag auf den Gipfel schaffen würden. Zu dem Zeitpunkt war ich mir schon nicht mehr ganz sicher, ob mich das überhaupt stören sollte. So oder so, wir hatten Glück und es riss ein wenig auf. Mit den Tourenski arbeiteten wir uns Schritt für Schritt auf rund 3300m Höhe vor, bis wir abschnallen mussten, um mit Steigeisen weiterzugehen. Ein paar Verrückte (Benni Karl & Michi Strasser – wen wunderts?!) packten ihre Tourenski auf den Rucksack, um jede Gelegenheit bergab auf Skiern zurückzulegen. Mein erstes Gefühl nach weiteren 100 Höhenmetern mit den Steigeisen und dem ersten Blick in die Tiefe: Angst!

Ich dachte mir nur: Sei einmal in deinem Leben vernünftig und dreh um! Ich teilte dem Bergführer mit, dass ich „ein wenig“ unter Höhenangst leide und mich gerade unwohl fühle und nicht sicher wäre, ob ich das wirklich schaffe und ob es nicht eventuell noch schlimmer würde. Er meinte daraufhin: Das schaffst du, die Hälfte haben wir, und ja, es wird noch schlimmer….aber nicht viel.

Es wurde schlimmer… Schlimmer als alles was ich mir auf diesem Berg je vorstellen konnte und wollte. Mein Galgenhumor vom Vortag war so fern wie nur möglich. Vielleicht die Rechnung für die großen Töne die ich unterhalb der Schneefallgrenze spucke! ;D Ich wurde still wie schon lange nicht mehr und fokussierte mich zu 100 % auf jeden Schritt und Handgriff. Ziemlich schnell wurde mir bewusst, dass ein kleiner Fehler den Absturz bedeuten könnte. Ich gestehe: Ich hatte noch nie zuvor, vor allem über einen derart langen Zeitraum, so eine Angst wie auf diesem Berg. Ein YouTube Video von der Gipfelbesteigung vorab hätte wahrscheinlich gereicht, das ganze Projekt abzublasen. Aber ich war „schlau“ genug, so uninformiert wie man nur sein kann da raufzuhirschen.

Nach fast 4,5 Stunden Aufstieg erreichten wir den Kleinglockner. Was ich auf diesem Grat sah, zog mir den letzten Nerv. Ein rund 5 Meter langer 40 cm breiter vereister Weg – und auf beiden Seiten ein endlos wirkender Abgrund und direkt danach eine vereiste steile Felswand, die man raufklettern musste. Wie gut, dass ich davor einmal in meinem Leben klettern und in den letzten 15 Jahren genau ein einziges Mal auf der Rax war. Die perfekte Schnuppertour sozusagen… Ich verfluchte gerade alles und jeden und dachte mir nur: Selbst wenn ich es auf diesen verdammten Gipfel schaffe – wie zum Teufel soll ich da wieder runter kommen? So lustig das jetzt klingen mag, aber in der Situation war jeglicher Humor tot. Mit der Höhenangst allgegenwärtig kletterten wir Meter für Meter auf den Gipfel.

Ich konnte es oben angekommen nicht glauben, dass ich es wirklich geschafft hatte, aber wirklich erleichtert war ich noch nicht. Ich habe relativ ernst die Frage in die Runde gestellt, was wohl ein Helikopter Einsatz kosten würde, um mich da wieder runter zu holen. Die ernüchternde Antwort des Bergführers: Bei dem Wetter fliegt kein Heli. Geil – dachte ich mir nur. Mit jedem zurückgelegten Meter wurde die Erleichterung und die Freude über das Überstandene größer und größer. Das Ganze fühlte sich total surreal an. Ich kam mir vor wie einer von den Bergsteigern, die man immer auf Servus TV sieht. (Lustiges Detail am Rande: das war ein paar Tage danach tatsächlich der Fall) Das klingt jetzt vielleicht lächerlich, aber für mich und meine bis dahin nicht vorhandenen Fähigkeiten am Berg war das Projekt Glockner mein persönlicher Mount Everest – und ich kann bestätigen: Je härter man für etwas arbeitet, umso schöner und größer ist der Erfolg. Das Gefühl war einfach unbeschreiblich und belohnte alle Strapazen!

Tag 5   Zurück in der Zivilisation
Es gab zwar keinen offiziellen Tag 5 mehr beim Austria Rush, aber ich denke, dass dieser Tag genauso berichtenswert ist. Unabhängig von meinem Sonnenbrand bin ich mit einem unglaublich erhabenen Gefühl aufgewacht. Die Trophäe des Austria Rush in meinen Händen und noch immer ungläubig, was ich da am Vortag tatsächlich angestellt hatte. Das Frühstück schmeckte so gut wie noch nie, und ich zog mich wieder normal an, um mich auf den ersten Termin zurück in der Zivilisation vorzubereiten. Mit einem breiten Grinsen im Gesicht setzte ich mich in die 1er Bim in Richtung ersten Bezirk. Um mich herum alle mit dem faden Aug. Ich fühlte mich nach diesem Erlebnis fast wie ein Außerirdischer und bemerkte, wie angenehm und wie absurd unser Leben teilweise in der Zivilisation ist. Michi Strasser sagte etwas Schönes bei einer Rast nach 100km auf dem Rad: „So einfach kann man glücklich sein.“ Ich denke, sein Glück muss man sich hart erarbeiten und verdienen – und ich hab mich selten so glücklich gefühlt, ein paar Minuten länger in meinem weichen Bett zu liegen und das erlebte Abenteuer Revue passieren zu lassen. Vor allem vergisst man am Berg jede Alltagssorge, und alles rundherum wird unbedeutend, weil man sich auf jeden Handgriff und jeden Schritt fokussiert, wenn einem erstmal bewusst wird, dass jeder noch so kleine Fehler über Leben oder Tod entscheiden könnte. Scheitern ist keine Option, denn zu scheitern bedeutet in dem Fall möglicherweise, nicht mehr nach Hause zu kommen.

Mein Fazit: Ich kann den Austria Rush bzw. die Rush Serie nur jedem ans Herz legen, der aus seiner Komfortzone herauskommen will und sich traut, ein echtes Abenteuer in guter Gesellschaft zu erleben und dabei an seine Grenzen zu kommen. Wer nicht gleich mit dem Austria Rush und dem Glockner starten möchte, der kann in den nächsten Wochen beim Venediger Rush, beim Dachstein Rush oder beim Wildspitz Rush „schnuppern“. Die dauern jeweils „nur“ zwei Tage und sind nicht ganz so extrem.
Es sei zu beachten: Alle Eindrücke sind natürlich aus der Sicht eines Flachländers wiedergegeben, der noch nie einen hohen Berg bestiegen hat und unter Höhenangst leidet! Ein Abenteuer ist es aber für jeden. Das kann ich garantieren.

Der Austria-Rush ist die Königsdisziplin der Rush Serie. Ein wenig kürzer aber ähnlich spannend sind der Wildspitz Rush, der Venediger Rush und der Dachstein Rush, die in den Wochen nach dem Austria Rush absolviert werden.

Die Rush Serie
Austria Rush 1. bis 4. April 2017
Dachstein Rush 13. und 14. April 2017
Wildspitz Rush 27. und 28. April 2017
Venediger Rush 4. und 5. Mai 2017

Wenn du die gleichen Glücksgefühle erleben willst dann melde dich am besten jetzt für einen Rush an: www.the-rush.eu

HIER GEHT ES ZUM VIDEOTAGEBUCH

 

Photocredits: Ole Zimmer – Rush die Serie