Drei Trails, stark verblockt und dazu oft extrem ausgesetzt. Für die allermeisten Biker sind sie nicht durchgängig oder gar gänzlich unfahrbar. Dalco hat zwischen S1 und S5 alles zu bieten, was man sich wünscht oder eben nicht wünscht. Er spuckt einen im kleinen Ort Limone aus und wenn man zurück blickt, sieht man nur eine Felswand, in der man nicht einmal erahnen kann, dass sich ein Weg hindurch zieht. Das ist einer der Reize des Dalco.
Schon vor einigen Jahren habe ich mir einen der drei Trails, den Dalco 111 vorgeknöpft, laut Mythos der einzig wahre der drei Trails. Der Anziehung aus den alten Moser Führern konnte ich mich einfach nicht entziehen. Moser schrieb dazu: „Dalco schwebt einsam über allen MTB-Downhills, ist mit Abstand der schärfste Kamikaze-Trail am gesamten Lago. Nur wer diese Prüfung absolviert hat, kann beim Thema schwere Abfahrten mitreden. Von “Fahren” werden dabei nur einige wenige Traumtänzer sprechen können, die meisten anderen müssen über weite Strecken des Sentiero 111 mit einer Rutschpartie auf allen Vieren rechnen. Sie können die ganze Veranstaltung als Maßstab für das eigene Unvermögen betrachten. Die Güte des Geräts taugt hier nicht als Ausrede, einzig perfektes Fahrkönnen und Gefühl für das Bike in allen Fahrsituationen hilft einigermaßen heil über diesen wahren Teufelsritt ins Valle del Singol.”(Elmar Moser – Bikeguide).
Das war damals ein echter Selbsterfahrungstrip: In einer felsdurchsetzten Rinne muss man sich ständig überwinden, ob man in losem Geröll noch fährt, oder seine Niederlage anerkennt und schiebt. Dalco ist definitiv eine Grenzerfahrung.
Klar, von Flow kann manhier nicht mehr sprechen, es geht beim Dalco eher um das, was technisch noch machbar ist oder frei nach Oliver Kahn: ‚Wir brauchen Eier‘ und das gilt es herausfinden.
Ausgesetzt oder Genuss
Nun gibt es aber noch zwei andere Wege von der Dalco-Alm, die man übrigens am besten über Limone-Vesio-Passo Nota oder über den Tremalzopass und dem Passo Nota aus erreicht. Man fährt vom Passo Nota bis zu den ersten Tunnels auf der Corna Vecchia, um durch 5min Schieben den Sentiero No. 102 zu erreichen.
Dieser bringt einen zur Dalco-Alm und ist im Übrigen an sich schon ein genialer Trail:
Schnell, flowig, spaßig mit ein paar kleinen Kickern (lohnt sich auch ohne Dalco). Der Sentiero 102 soll lebensgefährlich ausgesetzt sein und dann gibt’s noch den Sentiero 112, der angeblich die schönste der drei Abfahrten darstellen soll. Wie selbstverständlich zog es mich zurück zu dem Mythos Dalco, weswegen ich auch den 112er ausprobieren wollte.
Der 112 beginnt auch oben auf der Dalcoalm und stürzt sofort super steil mit ein paar Serpentinen auf noch recht angenehm zu fahrenden Waldboden in Richtung Limone. Immer wieder kann man an schönen Aussichtspositionen geniale Bilder schießen, da man über dem Ort zu thronen scheint. Der 112er erweist sich als wirklich schöner zu fahren als der 111er, allerdings ist von schrägen Felsplatten, Absätzen bis zu einem Meter, losem Geröll und Wurzelpassagen in engen Rinnen alles vorhanden, was das Vorankommen schwer machen kann. Ich selbst bin nur etwa 70 Prozent des Weges gefahren, weil immer wieder Stufen und Rinnen den Weg versperren. An sich könnte man so eine Stufe noch fahren, wenn der Trail danach ruhiger werden würde. Wenn aber nach der Schlüsselstelle bereits eine weitere folgt oder man bei einem Sturz Gefahr läuft, eine 50m tiefe Felswand hinunter zu fallen, dann wählt man doch öfter den Weg des Schiebens und lässt den Dalco 112 triumphieren.
Ehrfürchtiger Abschluss
Der Trail kann auch flowig sein und sich zwischenzeitlich ganz zahm geben. Dann kann man das Bike endlich laufen lassen. In diesem Stil vernichtet er in einer Felswand hunderte Höhenmeter und man wird direkt in Limone ausgespuckt. Von Limone aus empfehle ich, mit dem Schiff zurück nach Riva zu fahren, was die Tour abrundet. Außerdem kann man vom Schiff aus noch einmal ehrfürchtig auf den Felssturz blicken, den man anscheinend gerade mit einem Mountainbike erfahren hat. Grandioses Erlebnis bei der man viel über sein Fahrkönnen lernt!