Der Ätna ist einer der aktivsten Vulkane weltweit. Insofern kommen wohl wenige auf die Idee, den über 3.000 Meter hohen Berg also Skitourengebiet zu nutzen. Wir haben das getan und keine Sekunde lang bereut.
Der mit 3.323m höchste Vulkan Europas befindet sich auf Sizilien, ist im Umkreis von 1.000km der höchste Berg und einer der aktivsten Vulkane weltweit. Gespeist wird er durch die Subduktion der afrikanischen, unter die europäische Kontinentalplatte. Dabei handelt es sich beim Ätna um einen Basaltvulkan, dessen letzter großer Ausbruch 2002 rund 70 Millionen Kubikmeter Lava austreten ließ, eine Seilbahn, viel Wald und einige Häuser zerstörte, jedoch auch neue Täler schuf. Mit seinen vielen Ausbrüchen beeinflusste er die Geschichte in Europa, beispielsweise 1.500 v.Chr. als die Sikaner veranlasst wurden ins Landesinnere zu flüchten. Diesen interessanten Berg mit Tourenski zu erkunden und eine einmalige Bergwelt kennenzulernen, wird für mich 2017 das Skitourenhighlight bleiben.
Von München ging´s über Rom nach Catania, die Stadt am Fuße des Ätna zwischen erkalteten Lavaströmen und Orangenbäumen. Mit dem Mietwagen fuhren wir auf die Nordseite des Vulkans, wo wir im Rifugio Ragabo auf 1.425m unser Basislager beziehen konnten. Die kleine Hütte bietet alles, was man braucht. Tolles Essen, rustikale Zimmer und einen Blick auf den Ätna, der einem den Atem raubt.
Eine Skitour, die ihresgleichen sucht
Start unserer Tour in eine andere Welt, zu der wir von Dynafit eingeladen wurden, ist der Parkplatz des Skigebiets Nord, welches drei Lifte und drei Skipisten bietet und für die Süditaliener ein schönes Skigebiet bereithält. Es geht in steilem Gelände neben den Skipisten bis auf 2.300m Höhe, wo wir den letzten Lift rechts liegen lassen und ins einsame Skigelände abtauchen. Um die Tour von 1.700HM auf etwa 1.100HM Aufstieg zu verkürzen, kann man für 30 Euro auch einen Tagespass kaufen und sich die ersten 600HM bequemer nach oben liften lassen.
Über anfangs flache Hänge, die durch die starke Sonneneinstrahlung bei deutlichen Minustemperaturen zu einer Eislauffläche gefroren sind, geht es gemächlich bergauf, den Westgipfel immer im Blick. Er scheint recht nah zu sein, doch man merkt die tatsächliche Höhe und Entfernung erst mit zunehmender Gehzeit, denn er will einfach nicht näher kommen. Einige kleine Krater zieren unseren Weg und geben uns den ersten Eindruck von der Landschaft, die uns oben erwarten wird. Ab etwa 2.900m Höhe hält man sich auf der Hochfläche nicht mehr mittig, sondern steuert nun nach links in den Endanstieg, der bis auf eine Höhe von etwa 3.360m (dies zeigten zumindest GPS, wie auch Barometeruhren) sehr steil nach oben führt. Festgefrorene Schneeverwehungen und sehr eisige Stellen kosten noch einmal extra Kraft und machen den Einsatz von Harscheisen ratsam.
Nach etwa 4,5h kommen wir nach knapp 1.700 Höhenmetern am Kraterrand an. Hier hat man die Wahl, die letzten Höhenmeter entweder nach links, oder nach rechts auf die höchsten Stellen aufzusteigen. Von hier aus hat man einen faszinierenden Blick in den Haupt-und die Nebenkrater. Eine solche Auswahl an Farben habe ich in dieser Höhe nicht erwartet, schwarzer und roter Fels, weißer Schnee und die gelben Ablagerungen der Schwefelausdünstungen des bei uns ständig rauchenden Nebenkraters. Dazu kommt der Blick auf das Meer 3km tiefer und die grüne Landschaft außenherum. Ein faszinierendes Erlebnis, dass durch die großen Rauchschwaden des Vulkans und dem Gestank nach Schwefel getoppt wird. So etwas sieht man einfach nicht alle Tage, doch gerade in den Rauchschwaden sollte man nicht einatmen, denn die Asche verursacht ein schönes Knirschen im Mund.
Leider können wir das Schauspiel auf dem Gipfel nicht all zu lange genießen, denn der eiskalte, 60km/h starke Wind zieht uns die letzte Wärme aus dem Körper. Also starten wir in den eisigen Gipfelhang und ziehen im langen Bogen die Nordflanke des Berges herunter. Die eisigen Bedingungen lassen ein Pistenfeeling aufkommen, so schön kann man durch den eisigen Schnee carven. Noch dazu sind die Hänge so breit, dass man sich in einer anderen Welt wähnt. Ab 2.300m Höhe sind wir froh, unseren sizilianischen Guide dabei zu haben, denn er zeigt uns eine der besten Abfahrten, die ich je gefahren bin. Wir wären ja wieder ins Skigebiet zum Ausgangspunkt eingefahren, aber er verspricht uns, dass wir mit den Skiern bis zu unserem Rifugio fahren können, was wir uns wegen des fehlenden Schnees bei unserer Unterkunft nicht so recht vorstellen können. Aber er sollte recht behalten.
Wir folgen dem Lavastrom des Ausbruches von 2002, insgesamt ganze 2.000 Tiefenmeter lang, und werden mehr als belohnt. Die Lava hat sich damals eine Rinne durch den Fels und den Wald geformt, die schneebedeckt zur perfekten Piste wird. Durch die vielen Wellen des erkalteten Materials, den vielen Steinen und Kratern wird die Abfahrt zum Spielplatz für Skifahrer. Nach links und rechts Wände hochfahren, wie in einer Halfpipe, über Hügel springen und in tiefe Löcher blicken, all das bietet dieser Geheimtipp. Noch dazu hat man den Blick auf das italienische Festland, das Meer und die Stadt Taormina, die wunderschön in die Hügel hineingebaut ist. Unfassbar. Über einen kleinen Hohlweg fahren wir den letzten Kilometer, tatsächlich auf Schnee, zu unserem Rifugio zurück und blicken auf einen der ereignisreichsten Skitage zurück, den wir je gehabt haben sollten. Für jeden zu empfehlen und buchbar über die-bergführer.de
Glück muss man haben
Die schöne Tour noch im Hinterkopf fahre ich eine Woche später von der Arbeit nach Hause und höre im Radio, dass der Ätna wieder einmal ausgebrochen ist. Ich kann es kaum glauben, denn genau sieben Tage zuvor sind wir noch auf dem Gipfel gestanden und haben uns über einen Riss im Gipfel gewundert, der bei dem ersten Aufstieg (ja, wir waren tatsächlich zwei Mal oben) einen Tag zuvor noch nicht da gewesen ist. Anscheinend waren das die ersten Anzeochen einer Reihe von Ausbrüchen, die die letzten Wochen Lava den Schnee hinunterfließen ließ und sogar einige Reporter verletzt hat. So viel Glück muss man erstmal haben den Aufstieg einen Woche zuvor gemacht zu haben.
Sogar Spiegel Online hat schon darüber berichtet: HIER GEHT´S DIREKT ZUM ARTIKEL AUF SPIEGEL ONLINE