Von Bayern aus liegt das Skigebiet „Passo Tonale“ schon fast am Ende der Skiwelt. Warum wir gerade beim Gedanken an unseren Freerideausflug im Februar 2016 in die Lombardei mit dem Adamello-Pressanella-Gebiet ins Schwärmen geraten, erfahrt ihr hier.
Wir haben uns für das sehr schneesichere Gebiet entschieden, weil kurz vor unserem Trip Niederschläge mit Südstaulagen für eine ordentliche Powderauflage gesorgt haben. Das Wetter soll für die nächsten vier Tage sonnig aber kalt sein. Hört sich perfekt an, und hoffentlich lohnt sich der weite Weg. Die Anfahrt zieht sich über die Brennerautobahn bis zur Ausfahrt S.Michele all’Adige. Wir waren bis hierher von Regensburg schon mehr als 4 Stunden unterwegs und haben die bekannten Skigebiete im Inntal und in den Dolomiten alle liegen gelassen. Die Straße zum Passo Tonale führt kurvenreich zum Tonalepass. Nach weiteren 1,5 Stunden stehen wir endlich am Parkplatz der Paradiso Seilbahn auf 1.863 m Höhe. Den Ausblick beherrscht die mächtige Nordseite der Punta di Castellagio. Hier ziehen gleich drei beeindruckende Steilrinnen zur Talstation. Wir freuen uns riesig auf die Abfahrten bei dem Traumwetter.
Tag 1: Val Presena – Canale del diavolo
Da wir die Schneeverhältnisse nicht so gut kennen wie die Locals, entscheiden wir uns dafür, erst mal eine Tageskarte zu lösen und von der Bergstation aus das Val Presena abzufahren. Unser Glück können wir kaum fassen, als die weiten Hänge dort noch fast unverspurt sind. Kein Vergleich zum Arlberg, wo 1 bis 2 Stunden nach Neuschneefällen sämtliche Routen neben der Piste komplett zerfahren sind. Von einem übermäßigen Andrang an Gondelbahn Paradiso und langen Wartezeiten gibt es keine Spur, obwohl wir in den Faschingsferien unterwegs sind. Außer uns sind nur gefühlt vielleicht 20 Freerider unterwegs. Mit einem Sessellift und dem folgenden Schlepper geht es bis zum Passo Presena auf knapp 3.000 m ü.nN. Ich bin froh über meine Entscheidung für die Daunenjacke, die bei – 10°C und Sonnenschein im 2er Sessellift wärmt.
Wir stürzen uns also in die erste Abfahrt Richtung Val Presena. Dazu queren wir gleich am Ausstieg des Schleppers nach Osten in die Bowl zwischen Cima Presena und Cima Busazza. Der Schneebericht stimmt. Wir schweben in 50 Zentimeter lockerem Pulver gen Talsohle. Hier heißt es aufpassen, denn um zur Talstation zurückzukehren, müssen wir zu Fuß durch einen Stollen, um einen Felsabbruch zu umgehen. Der Stollen ist heute bei Sonnenschein leicht zu finden. Auf der anderen Seite folgt eine lange Querung am Hang und ein Fußweg von 5 bis 10 Minuten durch den Ort. Weil es so schön war, fahren wir noch zwei Mal die Variantenabfahrt und sind schon fast high. Die Verhältnisse auf den nach Osten ausgerichteten Hängen kennen wir jetzt und nun zieht uns die Nordseite der Punta di Castellagio magisch an.
Direkt von der Seilbahn Paradiso kann man Richtung Osten zum Passo del Diavolo queren. Mit wenig Aufstieg zieht die mäßig steile Rinne des Canale del diavolo nicht nur uns an. Dass wir hier nicht die Ersten sind, war uns klar, nachdem nur rund 30 Höhenmeter zu Fuss zu bewältigen sind. Am Joch blicken wir hinunter. Der Einstieg stellt bei der Schneelage keine Schwierigkeit dar. Es gibt keine Wechte und kein Blankeis. Nach den ersten Schwüngen weitet sich der Canale del Diavolo auf und so hat jeder doch noch die Gelegenheit, unverspurtes Gelände mit idealer Steilheit im Bereich um die 35 bis 40 Grad zu genießen. Nur kalt ist es halt auf der Nordseite ohne Sonne, die gerade im Februar schon kurz nach 16 Uhr untergeht.
Voller Tatendrang gehen wir zu unserem Wohnmobil am Liftparkplatz. Morgen soll angesichts der Lawinenwarnstufe 2-3 und dem Schneedeckenaufbau die Befahrung des Canale del Dito und des Canale Pericle Sacchi möglich sein. Beide sind technisch anspruchsvoller und weisen eine Neigung von 40 bis 45 Grad auf.
Bevor wir uns in unsere Schlafsäcke im kalten Wohnmobil verkriechen, kochen wir am Liftparkplatz gemütlich heißen Tee und natürlich Spaghetti mit Tomatensauce.
Wie es uns am Tag 2 ergangen ist, lest Ihr in meinem nächsten Beitrag.