Rifugio Achille Papa an der Porta Pasubio |
Pasubio- vieles fällt einem sofort bei diesem Namen ein: Kriegsschauplatz mit über 10000 Toten, Minensprengungen mit 50 Tonnen TNT, die Strada della Gallerie mit seinen 52 engen Tunnels, die Elmar Moser 1991 als Biketour beschrieben hat, Aussichten weit bis in die venezianische Tiefebene oder in die Brenta und die Dolomiten.
Schon Moser war 1991 von den Kriegsgeschehnissen hier im ersten Weltkrieg fasziniert, zitierte im legendären „Bike Guide“ Robert Skorpil, der als Kriegsteilnehmer eindrücklich die Grausamkeiten des Krieges schilderte:
„um einige Quadratmeter zu entdecken, die wirklich mit Blut getränkt, die wahrhaftig mit Gefallenen mehrfach überdeckt gewesen waren, wir würden diese Stelle auf dem Pasubio finden“. Auf dem Gipfelplateau ist der Fels wahrlich kilometerweit von Kavernen und Schützengräben durchzogen. Sämtliche Wege und Schotterstrassen, die wir hier antreffen, wurden als Nachschublinien angelegt.
Hatte Moser noch die 52 Tunnel der „Strada della Gallerie“ als Abfahrt empfohlen, wurde, nach ein paar schweren Unfällen, diese verboten und Ralf Glaser beschreibt in seinem „Dynamite Trails“– Buch von 2013 eine viel lohnendere Runde: Über den Gebirgsstock und die Serpentinenabfahrt an der Bocchetta di Foxi zu nehmen. Also taten wir das.
bei Camposilvano |
Flugs mit dem Auto ins Vallarsa und beim kleinen Örtchen Foxi an der Kirche geparkt. Dort sind drei, vier Parkplätze und in der Morgensonne kurbelten wir los. Von dieser größeren Strasse zweigt alsbald nach dem Ort Raossi rechts eine kleinere ab. Kaum ein Auto stört dort die Fahrt. Leider geht die Strasse zwischendurch bergab und leicht entnervt kann nun der Uphill beginnen. 600 Höhenmeter sind es auf Asphalt, vorbei an einer riesigen Staumauer, durch Bewaldung und erst nach geraumer Zeit hat man das Gefühl, höherzukommen. Langsam schraubt man sich aus dem Tal heraus und kann weiter in die Ferne blicken.
Am Pian delle Fugazze angekommen, beginnt nun das Schotterband der Strada degli Eroi, wenn wir die gemeistert haben, werden wir uns auch wie Helden fühlen dürfen. Doch erst stehen uns unzählige Kehren und nochmal 1100 Hm bevor. Da bleibt einem nichts anderes übrig, als das Hirn „auszuschalten“, die Ausblicke zu geniessen und zu treten, treten und treten.
Bildmitte: Pian delle Fugazze, Start der Schotterstrasse |
Völlig einsam pedalieren Ben und ich das helle Schotterband immer weiter bergauf. Die Steigung ist gleichmäßig und wir atmen in der klaren Oktoberluft tief durch. Wir biegen um die x-te Kehre und in der Tiefe erkennen wir den Stausee wieder, an dessen Staumauer wir vor drei Stunden unten im Tal vorbeiradelten.
Das sind Dimensionen.
Endlich der Tunnel Galeria D `Havet, es entläßt uns nach Osten in den riesigen Felskessel des Val Canale. Beeindruckende Ausblicke ergeben sich, an den Pasubioausläufern entlang bis weit nach unten.
auf der Strada degli Eroi |
Die Hütte Achille Papa kommt nun in Sichtweite und nach anstrengenden vier Stunden erreichten wir sie.
Un cafe, un minestrone e un litro di aqua minerale später laufen wir hinüber zum nahen Einstieg des 52 Tunnelsteigs. Mit offenem Mund staunen wir, welch ein Aufwand im Krieg betrieben worden ist, um solch eine Trasse aus dem Fels zu sprengen.
Doch die Zeit drängte und wir schwangen uns aufs Bike und rollten bergauf am Arco Romano und der Chiesa votiva vorbei. Alsbald wird der Pfad unwegsamer und im coupierten Gelände des Selletta Commando muss man ein paarmal kurz absteigen.
an den sette croci |
Hier befindet man sich unterhalb der geschichtsträchtigen „Dente austriaca“ und „Dente italiana“, zweier nur 50 Meter auseinanderliegenden Felsnasen, die mit Stollengängen durchlöchert wurden. Erbittert wurde um diese gekämpft, keine Kriegspartei konnte entscheidende Gebietsgewinne machen und die Situation gipflelte darin, dass die italienische Kuppe letztendlich mit 50 Tonnen TNT in die Luft gejagt wurde. Diese Spuren sind heute noch zu sehen und können, wenn man Zeit, hat besichtigt werden. Diese Sprengung brachte letztendlich aber keinen Vorteil für die Österreicher und der grausame Stellungskrieg ging weiter. Sommer wie Winter, mit mehreren Metern Schnee.
Die höchste Stelle wurde passiert und unsere Route führte uns nun zum Roite- Sattel, ab dem man wieder gut vorankam. Dann passierte es plötzlich: Mit einem lauten „Krragsch“ zog es mir das Schaltwerk in die Speichen. Bis ich reagieren konnte brach es ab und verbog sogar noch den Schaltarm. “ Schei…..“ entkam es meinen Lippen. 16.00Uhr auf 2100 Meter Höhe und keine Ahnung wieviel Strecke noch vor uns lagen. Leichte Panik kam auf. Schnell das Schaltwerk aus der Kette entfernt und diese mit Kabelbindern festgezurrt und schon hatte ich einen Tretroller. Die Pedale mußten so immer in der gleichen Stellung bleiben aber ich kam voran- wenigstens das.
Ab der Hälfte des Roite- Rückens neigt sich der Steig nach unten und ich kam mit kräftigem Anschieben zügig voran. Nun begann der Spaß:
An der Bocchetta delle Corde vorbei, abwärts, immer schneller auf schmalem Pfad, an steilsten Abbrüchen entlang, schossen wir auf die Bocchetta di Foxi zu. Kaum traute man sich in die tiefen Schluchten schauen, zu sehr forderte der Trail die Aufmerksamkeit.
Und zum Abschluß dann ein Singletrailfeuerwerk: die unzähligen Serpentinen nach Foxi zurück. Anfangs eng, später immer flowiger wurde man mutiger und machte die Bremse auf. Welch eine Abfahrt, Freudentränen schossen mir in die Augen. Kehre um Kehre drehten wir am Gas, kurz anbremsen, rein in die Kurve, raus und laufen lassen- denn der Trail ist frei von groben Blöcken, wie an den Gardaseetrails üblich!
Adrenalin und Freude durchströmten meinen Körper nach der gefühlt ewigen Abfahrt-
für mich der beste Trail im Gardaseegebiet!