Die Offenbarung: Das Evil ‚the wreckoning‘ im Test

Das Evil The Wreckoning

Vorab eine Frage: Was hat sich ein Freerider Anfang der 2000er Jahre gewünscht? Ein Bike das Bergab wie ein Downhiller fährt und Bergauf noch angenehm zu treten ist. So etwas war vor 15 Jahren so unerreichbar wie ein Formel 1 Cockpit für einen Normalo. Doch seit dem hat sich einiges getan! Die Geometrien haben sich radikal geändert, die Federelemente sind um Lichtjahre besser geworden und auch die eingesetzten Materialien wurden um viele Kilos leichter und steifer. Von sehr gut funktionierenden 1-fach Antrieben bis hin zu versenkbaren Sattelstützen, ein riesen Unterschied zu früher. All das hat sich in den letzten Jahren im Segment der Enduros vereint und macht nun 2000 Höhenmeter und das Bezwingen einer Downhillstrecke mit dem selben Bike nicht nur machbar, sondern zum absoluten Spaß.

Doch was Evil vor gut einem Jahr herausgebracht hat und bisher nur sehr wenige Hersteller im Portfolio haben, setzt dem ganzen die absolute Krone auf. Meiner Meinung nach hat Evil mit dem ‚the wreckoning‘ die eierlegende Wollmilchsau gebaut, die ich mir schon vor so langer Zeit gewünscht habe. Ein Bike das für mich als ehemaligen 29-Zoll-Hasser ein neues Revier eröffnet hat.

29 Zoll sind doch behäbig

Ein Bike das 161mm Federweg am Heck bietet, noch dazu entwickelt von Dave Weagle, einem Guru in puncto innovative Hinterbauten und auch veranwortlich für den oft gebauten DW-link (Dave Weagle-link). Das Ganze kreuzt man mit einem Carbon Rahmen und 29 Zoll Laufrädern und bekommt, so wie es Evil auf seiner Homepage schreibt: ‚You can sell your DH-bike‘. Es war die logische Weiterentwicklung ihres ersten 29 Zoll Bikes mit weit weniger Federweg und wenn man einmal auf diesem Gerät sitzt, dann weiß man auch warum. So schnell habe ich mich selten auf einem Bike wohl gefühlt und alle Gedanken zu staksigen, ungelenken Twentyninern waren bei der ersten Kurvenkombination verflogen, als wären sie nie dagewesen.

Das Evil hat einen wunderschönen Carbonrahmen

Technik und Typen

Es gibt insgesamt drei Versionen des Bikes, die sich haupstsächlich in den verschieden hochwertigen Schaltungskomponenten unterscheiden, man kann das Bike mit 12 Gängen mi der X01, GX eagle oder mit der 11-fachen X1 Schaltung kaufen. Die Federelemente sind allerdings immer Rock-Shox parts, auch da es bei den Gabeln im 29er boost Bereich noch nicht viel Auswahl gibt. Die Varianten liegen zwischen 6000 und 8000 Euro und sind damit auf jeden Fall nicht erschwinglich, aber lohenswert.

Ich habe die SRAM guide R gegen eine Magura MT7 getauscht, der besseren Bremspower wegen

Frame
EVIL Wreckoning 161mm Travel UD Carbon, Internal Dropper Routing, Integrated Upper Guide, BOOST
Shock
RockShox Monarch Plus RC3 Debonair, 216×63 (+2 Volume Spacers)
Headset
FSA Integrated Tapered No.57/68 Upper Bearing 30.2x41x6.5 36˚/45˚ Lower Bearing 40×51.8×8 36˚/45˚
Fork
RockShox Lyrik RCT3 29, Solo Air, 160mm Travel, 15×110
Handlebar
Raceface Chester 35
Stem
Raceface Atlas 35, Length: 40mm
Grips
Evil Lock-on
Brake
SRAM Guide RSC (Serie – ersetzt durch Magura MT7)
Shifter
SRAM GX Eagle, 12sp
Rear Derailleur
SRAM GX Eagle, 12sp
Cassette
SRAM XG-1295 Eagle, 10-50t:10,12,14,16,18,21,24,28,32,36,42,50
Chain
SRAM GX Eagle w/Powerlock
Crankset
Descendent                                                                                                                                                                                                                                                    Wheel Sets

Raceface Aeffect R, Internal Width:30, 15×110 RearRaceface Aeffect R, Internal Width:30, 12×148
Tires
WTB Vigliante, 2.35
Seatpost
RockShox Reverb Stealth 34.9mm, L/XL: 170mm(480mm)
Saddle
WTB Volt Comp (Serie) ersetzt durch SickSickSix

Perfektes Terrain für das Wreckoning von Evil: Der sentiero 601 am Gardasee

Trailballern

Wie oben schon angedeutet übertrifft das Evil bergab alles was ich bisher gefahren bin. Sogar mein reinrassiges Downhillbike muss sich hier geschlagen geben, denn so viel Speed und Kontrolle wie man mit diesem Bike aufbauen kann habe ich noch nicht erlebt. Die 29er Laufräder mit den überraschend guten WTB Vigliante Reifen und ordentlich Grip, überrollen Wurzeln, dass man am Lenker kaum etwas davon zu spüren bekommt. Mit diesem Bike und den 160mm Federweg kann man einen Downhill Kurs runter ballern und wird wenig finden, was einen in die Bredoullie bringt.

Auch in kurvigem Geläuf gibt sich das Evil wendig und lädt zum schnell fahren ein.

Der supersteife Carbonrahmen mit den Carbonlayern des Evil DH-Bikes federt alles sehr feinfühlig weg und gibt ein direktes Fahrgefühl ohne jemals an die Grenzen zu kommen. Aber natürlich neigt das Wreckoning beim Bergauffahren etwas zum Wippen, da der Hinterbau trotz der vielen Umlekungen eigentlich ein Eingelenker ist. Wenn man unter Zug und voller Kettenspannung fährt bleibt er aber überraschend ruhig. Leider fehlt eine Blockierung beim Rock Shox Monarch bzw. ist zwar vorhanden, ändert aber trotz ‚Firm‘ Modus nichts und ist keiner echter Lockout. Hier könnte man nachbessern. Die Rock Shox Lyrik arbeitet unauffällig wie gewohnt und schluckt große Schläge und auch auf schnellem Gefläuf alles weg, was sich einem in den Weg stellt, könnte aber meiner Meinnung nach etwas besseres Ansprechverhalten bieten, was vor allem bei langsamerer Gangart auffällt. Dies ändert sich auch nicht, wenn man an den Einstellungen herumspielt. Sofort ersetzt habe ich aber die Bremse: Eine SRAM Guide R mit 180mm Scheiben hat meiner Meinung nach an so einem Gefährt nicht viel zu suchen. Ersetzt wurde sie durch eine Magura MT7 mit 203mm Scheiben, die dem Einsatzbereich viel besser entsprechen.

Das Delta-System von Dave Weagle bietet eine Low und eine X-Low Variante

Mit den großen Laufrädern nimmt man zuerst an, dass man das Wreckoning, welches übrigens ein Kunstwort aus ‚to wreck‘ – ‚abreißen‘ und ‚following‘ ist (das war das erste 29 Zoll Bike von Evil) in die Kurven hineindrücken muss und es nicht agil und staksig ist. Doch Evil hat einen Rahemen geschaffen, bei dem man wirklich im Bike sitzt und sich in Kurven hineinwerfen kann, als gäbe es kein Morgen. Hier baut das Bike bei richtiger Fahrweise sogar enormen Speed auf. Speed – auch so eine Sache mit dem Evil: wirkt es in normaler Gangart wie ein schön zu fahrendes Bike, wird es, je schneller man fährt, zum absoluten Superbike. Je schneller desto besser ist hier das Motto und nie hat man das Gefühl am Limit zu sein – nur die Angst des Fahrers an den vorbeifliegenden Bäumen bremst die Geschwindikeit – am Bike liegt es nicht. Bei unserer Hausstrecke im Umland bin ich mit diesem Bike bei nassen Verhältnissen sofort auf Platz drei bei Strava gefahren. Im Übrigen kann man den Evil Rahmen in der Gewometrie auch noch verändern, von low zu x-low, was den Steuerwinkel nochmals flacher macht. Aber schon die low-Variante ist, wie der Name schon sagt, sehr auf Abfahrt ausgelegt und für das Meiste völlig aureichend.

Bergauf ist so ein Bike natürlich nicht die absolute Bergziege, aber dafür, dass man seinen Downhiller getrost verkaufen kann, klettert das Bike wirklich gut. Man kann getrost 2000HM fahren, was auch ander angenehmen Wohlfühl-Sitzposition liegt.

Alles in Allem ein brutal geniales Bike dass bei jeder Ausfahrt ein ultraböses Lächeln ins Gesicht zaubert! Und ja, weg mit deinem DH Bike!

P.S.: Das Bike ist auch für DH-Gabeln freigegeben, ich bin schon am Überlegen eine getravelte Fox 40 oder eine 180er Fox 36 einzubauen. Ich kann mir nur ausmalen was das dann Bergab heißen würde…