Der fünfte Tag begann mit einem tollen Frühstück bei unserer ‚Mutti‘ und wunderbarem Sonnenschein, den wir inzwischen schon gewohnt waren, zum Glück! Bei ziemlich kalten vier Grad hieß es gleich mal Bike schieben, da wir vom Stilfser Joch aus natürlich jeden Trail-Meter den wir kriegen konnten auch mitnehmen wollten.
Also ging es gleich mal 100 hm in steilstem Gelände bergauf, eigentlich Richtung Einstieg zum Goldseetrail auf die drei Sprachen-Spitze. Vom Ausblick überwältigt vergaß fast jeder den Trail in Angriff zu nehmen, der sich Richtung Umbrail-Pass in Form eines alten Militärweges hinunter serpentint. Das Wort gibt es nicht? SOLLTE ES ABER! wie wir im Laufe des Tages noch merken sollten.
Jedenfalls war der Weg ein toller Einstieg in einen der schönsten Tage auf dem gesamten Cross. Vom Umbrail-Pass aus schlängelt sich der Weg leicht bergauf zur nächsten Scharte, immer mit tollem Blick rund herum. Gut, dass bergauf so viel zu Schieben war. So fiel mir mein am Vortag gerissenes Schaltseil für den Umwerfer gar nicht auf, welches sich irgendwo im Hauptrohr schlängelte. Von der Bocchetta di Forcola ging es kurz bergab, um sofort danach wieder zum nächsten Pass schieben zu müssen, was sich aber lohnen sollte.
Am Passo di Pedenolo lag nun eine 1800hm lange Abfahrt vor uns, die es in sich hatte. Los ging es auf leicht geneigten Schotterwegen, die man nur so aufsaugen konnte. Später wurde es dann richtig lustig, denn die Serpentinen ließen sich über einen Minitrail quer über Almwiesen abkürzen, was mit hohem Speed für selten gehabten Spaß sorgte. Jeden Hügel als Rampe nutzend flogen wir den Weg hinab, bevor sich das Gelände leicht änderte! Plötzlich standen wir vor einer fast senkrechten Wand!
Dieser Blick auf die unzähligen Serpentinen war einfach atemberaubend und zugleich wich jede Müdigkeit aus unserem Leib, denn jeder wollte diesen geilen Trail so schnell wie möglich in Angriff nehmen. Und es hat sich gelohnt! Wieder ein alter Mitlitärweg, der in leichtem Gefälle eine Felswand überwindet. Einfach toll zu fahren! Allerdings sollte man sich immer im Hinterkopf behalten, dass es neben den Serpentinen mehrere hundert Meter nach unten geht und auch wegen dem losen Schotter alles andere als ungefährlich ist. Nach diesem tollen Trailabschnitt ging es dann auf einem Schotterweg hinein nach Bormio wo wir als erstes ein Fahrrad-Geschäft aussuchten, um mein gerissenes Schaltseil reparieren zu lassen. Wir legten eine Pause ein, während sich drei Herren für eine Stunde an meinem Bike vergingen – toll solch innen verlegte Züge, sie dürfen nur nicht reißen!
Nach unserer Mittagspause wollten wir nun noch einen Gipfel mitnehmen, um ein geniales Trailstück Richtung des Gavia Passes mit einzubauen, denn Tiefenmeter sind am Besten zu ersetzen mit was??? Jawoll, noch mehr Tiefenmetern!!! Also war der Plan mit der Gondel auf 3000 Meter hinauf zu fahren. Allerdings war unser Pech, dass die Gondel 2013 gewartet wurde und somit der Trail wegzufallen drohte. Doch wie der Zufall so wollte kam ein Bike-Shuttle vorbei der uns hinauffahren wollte. Allerdings kam mir der Preis recht hoch vor, 80 Euro für 1000 hm. Naja, wir wollten noch verhandeln, aber der werte Herr kam uns nicht entgegen. Zurecht! Was wir dann erleben sollten machte uns fast ein schlechtes Gewissen ihm nur 80 Euro zu geben. Über 1,5 Stunden plagte sich der Defender senkrechte Skipisten und fieseste Geröllfelder hoch und das alles mit einem mit Bikes vollbeladenem Anhänger. Ich glaube die 80 Euro musste er schon allein in die Wartung des Autos wieder hineinstecken. Am Ende dieser Holperpartie kamen wir auf 3000 Meter über NN bei Bormio 3000 an und genossen den wunderbaren Blick über die Gipfel, entdeckten aber auch schon den Trail der uns gleich durch mehere Vegetationsgebiete führen sollte, weit unter uns. Vier Stunden werden wir diesem Trail folgen, bevor wir die letzten 700HM auf der Straße in Richtung des Gavia Passes in Angriff nehmen sollten.
Der Trail Richtung des Gavia Passes führt in einem weiten Bogen durch zwei Täler, sich immer an den Höhenlinien haltend, sodass er nur wenige Höhenmeter auf einmal verliert. Am Beginn führt der Weg im gröbsten Fels und reifenmordenden scharfen Schieferplatten in Richtung eines traumhaften Sees, was uns zwei Schläuche kostete. Hier hieß es also vorsichtig fahren, um sich an den scharfen Kanten nicht den Reifen aufzuschlitzen.
Eine karge Landschaft mit genialem Rundumblick änderte sich langsam mit Erreichen des Sees und wurde etwas flowiger zu fahren. Es ging über Wiesen, die immer wieder durch steile Felsstufen unterbrochen wurden. Wer hier keine Kondition im Bergabfahren, eine gute Technik und ein Bike mit genug Federweg mitbringt, der wird hier keinen Spaß haben. Für alle anderen sage ich nur: Einer der Besten Trails den ich je gefahren bin. Hier ist alles dabei, oben verblockt und rau in der Mitte, technisch aber auch flowig und am Ende mit anspruchsvollen Waldtrails. Das Ganze dazu noch von einer tollen Landschaft umgeben, die so viele verschiedene Vegetationszonen zu bieten hat, dass man am Ende des Tages Schwierigkeiten hatte alle Eindrücke richtig zu sortieren.
Gegen Ende des Trails ging es dann bergauf-bergab über schöne Waldtrails, was aber unglaublich kraftraubend war und das nach einem schon fast endlos erscheinenden Tag. Am Ende sollten es ca. 3500 Tiefenmeter sein, die wir genießen durften. Um den Tag abzurunden ging es dann um halb sieben abends noch auf den Gavia Pass, auf dem wir übernachten wollten. 700 Höhenmeter wollten hier nochmals bewältigt werden, was mir persönlich sehr schwer gefallen ist. Also quälten wir uns nochmal geteerte, endlos erscheinende Serpentinen hinauf, bei annähernd 0° Grad und untergehender Sonne. Das war der schwerste Anstieg auf dem gesamten Cross. Dafür schmeckten die Spaghetti auf dem Gavia dann umso besser!
Ride Hard, Ride Free! Dangerous Mike