Immer wieder hört man die Antwort ‚Fort William‘, wenn ein Downhill Weltcup-Fahrer nach seiner Lieblingsstrecke gefragt wird. Legendär würde ich den Park bezeichnen, wenn ich gefragt würde; denn viel wurde geschrieben, viel hat man in den Weltcup Übertragungen gesehen und unerreichbar weit weg schien der Park zu sein. Zumindest bis vor drei Wochen. Ich war wiedermal mit Kumpels auf einer 5-Tages-Wanderung in den schottischen Highlands um mal wieder weg aus der urbanen Welt zu kommen. Ausgangspunkt war Fort William. Im Vorfeld hatte ich daher schon immer im Kopf, dass ich auch einen Abstecher in die Ben Nevis Range, also den legendären Bikepark machen müsste, falls es irgendwie zu machen wäre. Und tatsächlich konnte ich mir einen Tag freihalten, an dem ich und mein Kumpel Falko den legendären Park direkt neben Schottlands höchstem Bergs, dem Ben Nevis (sehr hoch, mehr als 1300m 🙂 ) austesten konnten.
Leider war für diesen Tag Sturm und Regen angesagt, aber pfeiff drauf, diese wahnsinns Strecke mit den unglaublich schnellen Kurven und gewaltigen Sprüngen inmitten der idyllischen Highlands musste unter die Räder genommen werden. Ein paar Hürden mussten allerdings noch überstanden werden: Da wir ja beim Wandern in Schottland waren, hatten wir keinerlei Platz für Bikeklamotten, geschweigedenn ein Bike. Daher waren wir auf die örtlichen Verleiher angewiesen. Zwei Stück gab es laut Internetrecherche. Es stellte sich aber heraus, dass einer dicht gemacht hatte und somit nur der Verleih direkt an der Gondel übrig blieb (Der Park ist übrigens 10km nordöstlich von Fort William, das wiederum Nahe der Isle of Sky an der Westküste Schottlands liegt, am Besten zu erreichen aus Aberdeen über Inverness per Auto). Der etwas griesgrämige Mann im Shop pries uns also sein tolles Demo an, welches aber leider defekt war. Außerdem gab es genau…ähm…eins. Ansonsten hatte er noch ein CC-Bike und genau zwei Specialized Enduros mit 180er Gabeln und dem wahnwitzigen Preis von 100 Pfund Sterling, was round about 150 Euro sind, Liftkarte natürlich nicht eingeschlosssen – summa summarum ergab das 200 Euro für einen Bikeparktag. Aber man ist ja nur einmal hier dachten wir uns.
Der Bikepark bietet ingesamt 3 Hauptstrecken. Eine beginnt unten bei der Gondel und ist als CC-Runde ausgewiesen, diese konnten wir auch kurz betrachten und sie sah wirklich nach einem schönen Singletrail aus. Die zweite Abfahrt beginnt an der Bergstation und führt über einen weiten Bogen und über 3 Kilometern wieder gen Tal. Die Dritte Abfahrt ist die legendäre Downhill Strecke mit etwa 3 Kilometer Länge. Dazu gibt es noch ein paar Varianten im unteren Bereich inkl. Anfängerjumpline und einer kurzen 4-Cross Strecke. Zuerst gings aber im Nebel auf die Red Giant. Über 3 Kilometer feinster Trail liegen vor uns: Ein superflowiger Trail über natürliche Felsen in unglaublich tollem Panorama. Zwischendurch gibt’s schön gebaute Trailabschnitte aus Holz über die man einen Hang quert oder sumpfige Abschnitte überfährt. Im Zwischenteil wird es dann etwas schneller, denn man fährt von einer Steilkurve in die nächste, über Felsen, Geröll, und Holz. Durch einen Bach geht’s zum unteren Trailabschnitt bei dem man auf den Anfängerjumptrail wechseln sollte, der kleine aber feine Sprünge enthält. Ein wirklich genial gebauter Trail, sogar mit einer durch Punkten gekennzeichneten Idealinie. Klingt komisch, ist aber eine super Idee, da die Strecke derart lang und viele Stellen und Kanten ziemlich unübersichtlich sind, hilft es einem Fahrer der die Strecke noch nicht so gut kennt diese trotzdem sofort schnell fahren zu können. Hier wird jeder Fahrertyp Spaß haben, vom Anfänger bis zum Profi. Außerdem ist der Red Giant wunderschön in die schottische Landschaft eingebettet und nutzt die Gegebenheiten dermaßen gut aus, dass mir die Worte fehlen. Was übrigens bei allen Trails in der Nevis Range aufgefallen ist: Die Strecken sind unglaublich gut gepflegt. Wo in einem deutschen Bikepark tiefe Löcher lungern, oder nach einem Sprung ein tiefes Loch sitzt, welches man unbedingt meiden sollte wenn man keinen Bock auf Bodenkontakt hat, so ist hier alles so geshaped, dass man auch die großen Sprünge alle rollen kann. In jedes Loch wurde ein passender Stein gelegt. Jede Bachdurchfahrt oder den Flow unterbrechende Gegebenheit ist durch Holzleitern überbaut. Einfach top. Hier sollten sich deutsche und österreichische Parks wirklich einmal eine Scheibe davon abschneiden!
Der Red Giant war schon ein geiler Trail, aber wie ist der Worldcup-Track? Geniiiiiial!!!!! Ich bin glaube ich noch nie einen geileren Dh-Kurs gefahren. Alle Worldcupfahrer haben wirklich recht. Und das schöne dabei??? Man kann ihn auch als Hobbybiker ohne Probleme fahren, einen Megasprung ausgenommen, dieser wird nur im WC gefahren, aber zurecht. Dieser ist übrigens im Video bei Minute 4,20 zu sehen.
http://https://www.youtube.com/watch?v=v5__u2At_Ho
Sausteile, matschige und wurzelige Anfahrt, dann Kompression und schon steht man 4 Meter in der Luft. Übel. Daher ist diese Umfahrung wirklich in Ordnung. Aber nun von oben nach unten: Im oberen Teil hat der Kurs genau das wovon man träumt. Er schängelt sich in leichtem Gefälle durch die schöne schottische Landschaft, irre schnell, unglaublich flowig und wirlich wunderschön. Sorry der vielen Superlative, aber ich kann nicht anders. Die Sprünge sind super zu landen, man bleibt richtig im Flow. Leider setzen hier unsere Leihbikes das Limit. X-Fusion Billigforke sei Dank. Dieser Teil über Sprünge, Holzleitern und schnelle Anlieger erstreckt sich über einen Kilometer, bis der sehr steinige, technische Teil kommt. Dieser ist aber auch sehr gut fahrbar, dank eben der ideal plazierten Steine. Im Übrigen geht der Trail auch, wie bei uns, im Regen sehr gut, da die runden Granitfelsen keinerlei Grip einbüßen. Hier sollte sich unser Kalkstein mal eine Scheibe abschneiden. Über Steinfelder geht’s dann in den nächsten Teil, der wurzelig und in unserem Fall matschig geprägt ist. Aber auch hier bleibt der DH gut fahrbar und weiterhin spaßig. Vom eher technischen und kurvigen Mittelteil geht’s dann wieder in die letzte Highspeedpassage mit den riesigen Sprüngen, die man aus den Weltcupvideos kennt. Auch hier sind die Kurven und die Sprünge sehr gut gespahpt, auch wenn wir die beiden größten mangels Vertrauen in unsere Bikes ausfallen lassen mussten. Der inzwischen einsetzende Hagel tat sein übriges.
Alles in Allem muss ich wirklich sagen, dass das mit der Beste Bikepark ist, in dem ich je war. Es gibt zwei sehr lange Kurse und ein paar Variantionen im unteren Teil. Mit einem Enduro Bike könnte man dann auch noch eine große Auswahl an Trails in Angriff nehmen, die gut ausgeschildert sind. Das Einzige Manko sind die hohen Kosten, Liftkarte etwa 45 Euro, Leihbikes mit Ausrüstung 150 Euro und die große Abgeschiedenheit vom Rest der Welt. (Flug München Aberdeen 180 €, Auto für eine Woche 200€, zu fahrende Strecke nach Fort William 350km einfach). Aber eines ist sicher, die Reise ist es sicherlich wert, allerdings sollte man lieber sein eigenes Bike mitnehmen!
Ride on! Michael