La Reunion ist ein kleines Eiland im indischen Ozean, dessen Nachbarinsel Mauritius den meisten eher ein Begriff ist. Wer vermutet, dass sich auf Reunion also auch frischvermählte Strandlieger im Sand wälzen, der könnte sich nicht mehr irren. Reunion, das politisch zu Frankreich gehört und wo man das Trinkgeld für den Guide in Euro gibt, ist ein Outdoor und Natur Supermekka. Besonders im Fokus stehen einmal im Jahr die Biker. Und das ist nicht übertrieben.
Über 3.000 m hebt sich der Piton des Neiges aus dem Ozean heraus, umgeben von drei eingestürzten Magmakammern, sogenannten Calderas. Der aktive Teil der Vulkaninsel ist inzwischen als Hotspot auf der Insel weiter gezogen, so dass sich in den Calderas eine vielfältige, urwaldhafte Pflanzenwelt entwickeln konnte. Hier findet einmal im Jahr das berühmte Downhillrennen Megavalanche statt, bei dem die weltbesten Biker im Herbst dem heimischen Winter entfliehen. Weil wir zufällig auch auf der Insel waren, haben wir uns diese einmalige Gelegenheit nicht entgehen lassen, selbst an den Start zu gehen. Außerhalb des Wettkampfs natürlich.
Von 2.200 Meter auf 0
Den Rand eines dieser Caldera formt der Piton Maido auf immerhin noch 2.200 m. Der Vorsprung ist damit der Startpunkt für eine Vielzahl von Mountainbike Downhill- und Endurotrails, die als Ziel alle nur eins haben – Back to the Ocean. Mit unserem Tourorganisator ging es am Morgen in St. Gilles per Shuttle los. Das Wetter war bewölkt und eher nicht so wie wir es uns gewünscht hätten.
Es dauerte über 1.5 h Stunden bis wir die Wolkenschicht über kurvenreiche, aber EU sei dank, gut asphaltierter Straßen verlassen haben und in strahlendem Sonnenschein am Piton angekommen sind. Der Ausblick ist überwältigend und an sich schon eine Reise wert. Viel zu schnell wurden wir von unserem Guide aus dem Auto geworfen, um endlich unsere Protektoren anzulegen.
Was dann folgte war eine Abfahrt, die an Variantenreichtum kaum zu überbieten sein dürfte. Der Trail startet auf dem sonnenbeschienenen Gipfelplateau, welches spärlich bewachsen ist und sich durch altes Vulkangestein auszeichnet. Dieses hat mal super Grip und ist dann wieder rutschig staubig. Mal ist der Untergrund blanker Fels und mal übersät mit spitzten Ecken und Kanten. Den Rucksack voller Ersatzschläuche hatte der Guide allein für den ersten Teil der Abfahrt nicht zu unrecht dabei.
Weiter mitten durch den Dschungel
Nach und nach wurde die Vegetation dichter und der zweite Teil des Trails führte durch lichte aber schattenspenden Akazien-, Pinien und endemischen Tamarindbäumen. Bis hierhin war man schon eine Stunde unterwegs und es gab noch nicht mal einen kleinen Gegenanstieg. Das ist wohl der Inbegriff von „flowig“. Die Vegation verdichtete sich weiter und ging langsam in dichten Urwald über, der genau noch breit genug war, dass ein Mountainbiker durchgepasst hat. Die Atmosphäre wird gespenstisch, weil wir gleichzeitig in die Wolkendecke eingetaucht waren und der Wald von Nebelschwaden durchwabert wurde. Schmerzhaft musste man aber feststellen, dass sich der Urawald auch diesen Trail zurückholen will, wenn einem die quer wachsenden Äste immer wieder ins Gesicht peitschten.
Auch der Untergrund ist eher lose und staubig, so dass sich Spurrillen bilden, die manchmal tiefer sind als die halbe Pedalhöhe. Bei dieser Gelegenheit konnte ich feststellen, dass die staubige Erde am Boden eine exzellente Haftung mit einem verschwitzten Gesicht eingeht, und eher komisch schmeckt. Danach lichtet sich die grüne Hölle langsam und man erreicht den landwirtschaftlich erschlossenen Teil der Insel.
Durch Zuckerrohr und über Stein
Aufstrebend ist Reuinion auch im Bereich der Rumherstellung, was sich vor allem durch den historischen Zuckerrohranbau ergibt. Im Gegensatz zum benachbarten Mauritius, wo Großerntemaschinen durch die Felder pflügen, muss auf den steilen Vulkanhängen das Rohr mit der Machete in Handarbeit geschlagen werden. Das alles kann man in Ruhe beobachten während man auf den verschlungenen Feldwegen eher gemütlich Talwärts strebt. Ohne Guide würde man sich in dem Labyrinth an Wegen nicht zurecht finden. Nach fast 2 Stunden und durchaus gezeichnet von der Tour, den Ozean fest im Blick, stellt sich noch eine technisch anspruchsvolle Herausforderung. Das letzte Stück Singletrail wird als Pierrier bezeichnet was soviel bedeutet wie „mit Steinen unterschiedlichster Gröβe überzogener Weg“. Zum Teil war der Pierrier nur mit Schieben zu bewältigen. Trotzdem ist es ein integraler Bestandteil der Megavalanche.
Nach dieser letzten Quälerei war es dann aber überstanden und man ist nach 5 Stunden Gesamtzeit wieder zurück am Wasser. Den Rest des Tages kann man dann genießen und dabei entspannen. Für uns ging es dann doch weiter zum Sonnenliegen auf Mauritius, aber die Insel wird uns als Naturmekka in Erinnerung bleiben. Das Trailnetzwerk auf der Insel ist vielfältig und erlaubt auch diverse, mit Sicherheit aufregende, Mehrtagestouren.
Fazit zur Megavalanche
Ob es sich lohnt, die lange Anreise auf die Insel nur zum Mountainbiken auf sich zu nehmen, sollte man sich gut überlegen. Für mich war es eher ein überragender Mitnahmeeffekt. Das Zweite ist, dass die Mietbikes eher eine Schultnote 4 bekommen, sprich gerade noch so geeignet sind für die Touren und andererseits beim Abfahrtsspaß erheblich Luft nach oben lassen. Dennoch, die Abfahrt würde ein absolutes Highlight im Trailbuch eines jeden Bikers darstellen. Nachmachen empfohlen.