Freeriden in Frankreich, oder eine Transalp mal anders: Die Trans-Provence von Embrun nach Menton

Die Zentralalpen sind uns allen wohl bekannt. Fast jeder war schon einmal zum Mountainbiken in Saalbach, am Gardasee oder in Sölden und nach drei Transalps durch die Mitte der Alpen wollten wir einmal was anderes sehen.

In der Provence scheint die Sonne besonders oft – wir hatten 5, 1/2 Tage Glück (bei & Tagen Tour)

Schon seit einigen Jahren schwirrt mir eine Trans-Provence Tour im Kopf herum, da ich schon viel über das gleichnamige Endurorennen gehört und gesehen habe. Die Bilder waren so faszinierend, dass ich das nicht mehr vergessen konnte. Bei der Provence denkt man zu erst einmal an Lavendel-Felder, dabei hat sie viel mehr zu bieten. In den Seealpen wechseln sich flowige mit rassigen Trails ab und die Landschaft ist absolut einmalig. Den Lavendel findet man hier oben aber natürlich auch.

Über sau griffige, sogenannte schwarze Erde (verwitterter Schiefer) gehts fast 2000 TM ins Tal – so nur in der Provence zu finden

Ingesamt 8 Tage sind wir unterwegs, wobei davon ein An-und ein Abreisetag eingeplant ist, immerhin sind es fast 1000km bis zum Ausgangspunkt in Embrun. Von dort aus fahren wir in 6 Etappen bis nach Menton, an die Côte d´Azûr, wo wir nach gesamt 380 Kilo-, 15 000 Tiefen- und ca. 9000 sebstgetretenen Höhenmetern ankommen sollen. Wie die nackten Zahlen schon erahnen lassen, ist die Tour in den geplanten sechs Tagen ohne ein Shuttle quasi nicht zu stemmen. Dafür sind die Abfahrten zu rassig, um wirklich Strecke zu machen, zumal die Trails im Internet nicht zu finden sind. Der Veranstalter des damaligen Rennens hat hier alles sehr geheim gehalten. Daher waren wir mit zwei Bergführern von Bikefex aus Innsbruck unterwegs.

Eine Herausforderung war auch, was wir alles einpacken sollten bzw. mussten. Hier hat uns die Packliste Bike and Hike vom Bergzeit Magazin gut geholfen. Hier ist alles Nützliche aufgeführt und man vergisst nichts.

Die legendäre schwarze Erde der Haute Provence – genial um es krachen zu lassen

Ich persönlich bin zwar kein Fan von geguideten Touren, aber in dem Fall hat man fast keine andere Möglichkeit, außer man wälzt einige Monate Wanderkarten und nimmt in Kauf auch mal einen schlechten Trail zu fahren. Abgesehen davon dass die Tour dann nicht in sechs Tagen zu schaffen ist.

…solche Landschaften gibt´s nur hier

Die Tour lohnt sich absolut und ohne Einschränkungen. Auf den gesamten 380KM gibt es bergab zu 90% Trails. So etwas gibt es bei fast keinem anderen Alpencross. Der Wahnsinn. Noch dazu ist alles von S1 bis S4 dabei, also von flowig bis extrem anspruchsvoll. Der Durschnitt liegt aber schon über S2, daher sollte man wirklich wissen, was man tut, sonst wird man die ganze Woche keinen Spaß haben. Wer aber fit ist und eine top Fahrtechnik besitzt für den ist diese Tour der Himmel auf Erden.

Wenn man mal einen Ort passiert dann ist es meistens ein kleines Bergdörfchen mit tollen Spezialitäten – hier sollte man unbedingt einkehren und schlemmen.

Es beeindrucken aber nicht nur die Trails und die geniale Landschaft sondern auch die Menschen in den kleinen Örtchen an denen wir Station machen.  Eine willkommende Abwechslung war für mich vor Allem die Einsamkeit in den Tälern in denen wir unterwegs waren, bis auf die Hütehunde der französischen Schäfer und ihre 5000 Schäflein haben wir quasi niemanden getroffen.

Bei der Trans-Provence ist man extrem einsam unterwegs. Bis auf Schäfer mit ihren Schafherden haben wir auf den gesamten 6 Tagen keine zehn Wanderer getroffen.

Die Tourentage sind ingesamt sehr lang, da die Trails wirklich anspruchsvoll sind und man oftmals zu den Graten und Gipfeln schieben muss um diese ins nächste Tal zu überqueren. Das kostet Kraft und Zeit, lohnt sich aber allemal.

Bergauf muss man auch mal drei Stunden Tragen und Schieben, lohnen tut sich das allemal

Ich kann auch ehrlich gesagt kein besonderes Highlight herausheben, da wirklich jeder Tag zwei bis drei tolle Abfahrten zu bieten hat und alle so verschieden sind, dass einem alles andere als langweilig wird. Die Bilder geben das denke ich recht gut wieder.

Frankreich habe ich nicht nur wegen des Essens und der netten Menschen schätzen gelernt sondern auch wie mit Mountainbikern umgegangen wird. Hier gibt es keine Diskussion um die zwei Meter Regel oder sonstiges, in den Bergdörfern sind sie nämlich froh, wenn Gäste kommen und Biker werden sogar unterstützt. Viele Trails werden extra für MTBler ausgeschildert und instandgehalten.

Griffige Schieferplatten laden dazu ein den Wanderweg mal links liegen zu lassen

Für das damalige Endurorennen wurden sogar einige Trails eigens angelegt, die inzwischen schon wieder ziemlich zugewachsen sind, so wenig Biker sind hier unterwegs. Überhaupt ist hier brutal viel Fläche vorhanden, selbst Almen sind hier nur weit verstreut zu finden. So etwas kennt man von den Zentralpen eigentlich gar nicht.

Eine Spezialität die uns ans Herz gewachsen ist: Génépi – ein Likör aus provenzialischen Alpenvermuth

Die Tage sind lang, 9-11 Stunden sind wir mit dem Bike unterwegs und kommen abends daher eher spät zurück, was so weit im Westen aber nicht viel ausmacht, da hier die Tage länger sind als bei uns in Deutschland. Angekommen im jeweiligen Übernachtungsort wusste unser Guide aber immer noch eine französische Bar, in der wir zu unseren Geschichten und Tageserlebnissen noch ein Bierchen trinken konnten. Was will man mehr, Bike -Bier – Bett. Und von vorn.

Zweitausend Tiefenmeter am Stück sind eigentlich normal

Wer in den Gegend unterwegs ist muss auf jeden Fall die Küche probieren und sollte sich auch mal an die richtigen Spezialitäten wagen. Von Muscheln, über Ente und deftigen Eintöpfen, bis hin zu Bergkäse und Créme brulée –  wir waren wirklich mehr als gut versorgt.

Nach der schwarzen Erde gibt´s auch noch die rote Erde. Die Landschaft ist etwas schroffer, der Fahrspaß auf teils blockigen, teils flowigen Wegen aber enorm

Die Einsamkeit hat natürlich auch Nachteile: oft sind die Traileinstiege fast nicht zu finden und selbst unsere Guides taten sich manchmal schwer, obwohl sie die Tour schon öfter gefahren sind. Ohne sie würde man noch viel mehr Zeit verlieren.

Ich nenne es: La petite Rampage

Die einsamen Täler sind für Trailiebhaber auch abseits der Wege eine absolute Spielwiese. In der roten Erde fühlt man sich fast wie bei der Rampage und dropped einfach mitten durch den verwitterten Fels. Wenn man nicht die Zeit im Nacken hätte, um auch den zweiten Tagestrail noch zu schaffen, dann könnte man hier auch einen Tag verbringen, so viele Lines und Photospots verbergen sich hier.

Abendmenü in der kleinen Pesnion im Bergdorf: Entenbrust gefüllt mit Schafskäse und Polenta – sau lecker!

Aber man muss eigentlich gar nicht von den Trails weichen, denn die bieten schon wirklich alles was man sich vorstellen kann. Von flowig bis S4 ist hier wirklich alles dabei und das auf verschiedensten Untergründen. Atemberaubend!

Die Landschaften wechseln mehrfach am Tag: Es gibt nichts was es nicht gibt

Was soll ich also noch erzählen? Jeder, der noch nicht auf den Geschmack gekommen ist, der hat mit Mountainbiken wirklich nichts am Hut!

Das Bild sagt wohl viel aus, wie verlassen die Landschaft ist

Etappen der Trans Provence

  • Tag 1: Embrun – Barcelonnette, 1.574 Hm, 2.292 Hm, 36 km
  • Tag 2: Barcelonnette – Colmars, 1.660 Hm, 2.716 Hm, 45 km
  • Tag 3: Colmars – Valberg, 1.921 Hm, 3.209 Hm, 50 km
  • Tag 4: Valberg – Valdeblore, 867 Hm, 2.902 Hm, 34 km
  • Tag 5: Valdeblore – Sospel, 1.381 Hm, 4.031 Hm, 63 km
  • Tag 6: Sospel – Menton, 1.543 Hm, 2.257 Hm, 43 km

Sieht sandig aus, ist aber sau griffig (verwitterter Schiefer)

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